Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
3061
Wie Italien Europa in die Schuldenunion treibt

Draghis aussichtsloser Kampf

Mario Draghi hat es sich zur Aufgabe gemacht Italien wieder auf Kurs zu bringen. Copyright: Pexels
Mario Draghi hat es sich zur Aufgabe gemacht Italien wieder auf Kurs zu bringen. Doch gegen seine ambitionierten Pläne regt sich bereits Widerstand. Das gefährdet nicht nur die Stabilität Italiens.

Der durchschlagende Erfolg von Mario Draghis Reformplänen wird ausbleiben. Denn er muss ein ökonomisch siechendes, politisch zerstrittenes und administrativ desolates Land wieder auf Kurs bringen – etwas, das vor ihm kein anderer geschafft hat. Um das zu erreichen, bekommt er Finanzmittel in der Dimension des Marshall-Plans zur Hand (vgl. FB vom 22.4.21).

Doch die Zeit für Draghis Vorhaben ist knapp. Er hat zwei Jahre bis zur nächsten Parlamentswahl – dann werden die politischen Karten neu gemischt und womöglich wird der von ihm gelegte Grundstein wieder beseitigt. Das ist sehr ambitioniert, um die strukturellen Probleme des Landes zu lösen, meint auch die Stiftung Wissenschaft und Politik.

Lethargie in Süditalien

Gerade in Süditalien, das 40% der EU-Gelder erhalten soll, ist wirtschaftlich seit einem halben Jahrhundert nichts passiert. Viele Regionalpolitiker pflegen beste Kontakte zur örtlichen Mafia, die Infrastruktur ist schlecht, das Ausbildungsniveau der Jugend gering, nennenswerte Rohstoffvorkommen gibt es nicht. Die Wirtschaft ist vor allem von der Landwirtschaft geprägt.

In Norditalien sind die Bedingungen bekanntlich günstiger aber auch dort regt sich bereits Widerstand. So schießt der Regionalpräsident der Lombardei Attilio Fontana von der Lega Nord gegen Verwaltungsreformen und pocht darauf, dass die von Draghi angekündigte Verwaltungsreform auf keinen Fall die Eigenständigkeit der Regionen berühren dürfe. Auch mit dem Regionalpräsident von Venetien Luca Zaia (ebenfalls LN) liegt Draghi über Kreuz. Hier geht es vor allem um Corona-Lockerungen. Eine gute Zusammenarbeit ist unwahrscheinlich. Auch in Piemont und Ligurien beobachtet das konservative Polit-Establishment die neue Führung in Rom argwöhnisch.

Alles außer Austerität

Was, wenn Draghi scheitert? Angesichts steigender Euro-Zinsen schlittert Italien akut auf die Staatspleite zu. Den ESM wird Rom im Falle der Zahlungsunfähigkeit aber nicht anrufen. Denn ein Spar-Diktat wie es Griechenland über sich ergehen ließ, wollen die Italiener auf keinen Fall. Auch das Wort Steuererhöhungen mag in Rom niemand laut aussprechen. Das wird auch eines der Drohszenarien der Anti-EU-Parteien im Wahlkampf 2023 sein.

Ein Umfrage-Experiment des Max Planck Instituts hat gezeigt, dass nur 31% der Italiener bereit wären, im Fall der Zahlungsunfähigkeit die Auflagen des ESM anzunehmen. 45,9% würden lieber den Austritt Italiens aus der Eurozone oder gleich der EU sehen. Von dieser Stimmung profitiert die Anti-Euro-Partei Fratelli d’Italia – bei der letzten Wahl quasi bedeutungslos, ist sie seit zwei Wochen in Umfragen die drittstärkste Kraft, nur unwesentlich hinter der sozialdemokratischen PD und der immer weiter absackenden Lega Nord. Der steigende Druck auf den LN-Vorsitzenden Matteo Salvini könnte die Regierungsarbeit noch empfindlich zusätzlich stören.

Fazit: Draghi steht unbestreitbar vor einer Mammutaufgabe. Scheitert er, wird Italien die EU in die Schuldenunion zwingen – denn den griechischen Weg will weder in Rom noch anderswo niemand gehen.

Hier: FUCHSBRIEFE abonnieren

Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Lessons Learned aus dem Markttest TOPS 2025

Die Quintessenz für Kunden und Marktteilnehmer

© Verlag FUCHSBRIEFE mit DALL*E und Adobe Express
Im Interview mit dem FUCHSBRIEFE-Chefredakteur Stefan Ziermann diskutieren die Gründungspartner der FUCHS | RICHTER Prüfinstanz, Ralf Vielhaber und Jörg Richter, die Ergebnisse des Markttests TOPS 2025. Wie haben Banken und Vermögensverwalter in der Ruhestandsplanung abgeschnitten? Welche Trends und Schwachstellen wurden deutlich? Ein Gespräch, das interessante Einblicke in die Beratungsqualität und die langfristige Performance der Finanzdienstleister bietet.
  • Der Münchhausen aus dem Sauerland oder: Die Lüge als Staatsräson

Friedrich Merz spielt mit der Demokratie

FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber. © Foto: Verlag FUCHSBRIEFE
Lüge und Wortbruch sind in der Politik allgegenwärtig – Niccolò Machiavelli (1469–1527) hatte sie einst zum Handwerkszeug des cleveren Machtpolitikers erklärt. Doch was unterscheidet die Dreistigkeit eines Donald Trump von der „Weisheit“ eines Friedrich Merz? FUCHSBRIEFE-Herausgeber Ralf Vielhaber wirft seinen Blick auf die „Kunst der politischen Täuschung“ in Deutschland. Er offenbart unbequeme Wahrheiten und wirft die Frage auf: Welche Lügen akzeptieren Wähler noch – und welche nicht mehr?
  • Fuchs plus
  • Alarm am Anleihemarkt

Friedrich Merz kurbelt die Inflation an

Die EZB hat gestern ihr Bekenntnis zur Staatsfinanzierung abgelegt. Statt Vorsicht walten zu lassen, unterstützt sie den von Deutschland und Europa eingeschlagenen expansiven fiskalischen Kurs durch die Verbilligung des Geldes. Das kann nur eine Folge haben: anziehende Geldentwertung. Die Anleihenrenditen schießen bereits nach oben.
Neueste Artikel
  • Monitoring bestätigt positiven Eindruck zur Deutsche Oppenheim Family Office AG

Deutsche Oppenheim Family Office AG: Vertrauen erneut verdient

Illustration erstellt mit ChatGPT
Die FUCHS | RICHTER Prüfinstanz hat bei ihrem umfassenden Monitoring der Deutsche Oppenheim Family Office AG keine Hinweise auf unethisches Verhalten gefunden. Das Unternehmen betont die Ernsthaftigkeit im Umgang mit Kundenanliegen und bietet eine transparente Beschwerdemöglichkeit. Auch die Beantwortung des aktuellen Fragebogens zur Kundenzufriedenheit durch das Bankhaus bestätigt diese Beobachtung.
  • Fuchs plus
  • Fundamentale Verschiebungen auf dem Forex-Markt

Trump rupft den Dollar

Der Dollar lässt seit dem Amtsantritt von Donald Trump Federn. Das ist für viele überraschend. FUCHS-Devisen schauen auf die Gewinner und analysieren, welche Währungen weiter Potenzial haben.
  • Fuchs plus
  • Notenbank will Konjunktur in Schwung bringen

China: Rendite-Anstieg trotz Deflation

In China steigen die Renditen, die Inflation dreht aber wieder nach unten. Erstmals seit Januar 2024 wurde sogar eine Deflation gemessen. Im Umfeld dieser widersprüchlichen Signale steigt der CNY kräftig an. Was bedeutet das und wie können Anleger das nutzen?
Zum Seitenanfang