Die Lage holt die Stimmung ein
Die Konjunktur ist am Wendepunkt angelangt und wird in der zweiten Jahreshälfte in die Rezession rutschen. Nach einer Stagnation im 1. Quartal (BIP +0,2% ggü. Vorquartal) rechnen FUCHSBRIEFE aufgrund der noch soliden Auftragsbestände und des robusten Konsums auch mit einer Stagnation im 2. Quartal (Daten werden morgen, 29.07. veröffentlicht). Im 3. Quartal holt dann aber die bisher noch solide Lage die schlechte Stimmung ein. Das zeigen eine Vielzahl aktueller Prognosen und Branchenstatements gegenüber FUCHSBRIEFE.
Untermauert wird das vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Der hat seine Wachstumserwartungen für die Welt deutlich nach unten korrigiert und für Deutschland glatt halbiert. Der IWF rechnet für 2022 nur noch mit einem Plus von 1,2%, für 2023 mit +0,8% in Deutschland. Zugleich sieht er unser Land in seinem World Economic Outlook aktuell als größten Verlierer.
Privater Konsum wird deutlich zurückgehen
Ein Blick auf eine Vielzahl aktueller Einschätzungen bestätigt das Szenario. Der GfK-Konsumklimaindex ist aktuell mit -30,9 Punkten auf einem Allzeittief angekommen. Die Konsumausgaben privater Haushalte hielten sich (noch) wacker: Sie lagen im 1. Quartal 2022 knapp 1,8% über den Werten des Vorquartals. Im 2. Quartal 2022 wird sich der Konsum vermutlich noch halbwegs stabil halten. Darauf deuten die Quartals-Zahlen der Unternehmen hin (z. B. Mercedes-Benz, Umsatz +7%). Die Deutsche Bank überraschte mit einem Milliarden-Gewinn (anderthalb mal so viel wie im Vorjahr).
Im 3. Quartal könnte es aber einen Konsum-Schock geben. Es kündigt sich die kalte Jahreszeit an - und mit ihr die Gasrechnung. Nach der werden viele Verbraucher auf die Bremse treten müssen, ob sie wollen oder nicht. Auch die Lebensmittelinflation ist anhaltend hoch. Sie liegt aktuell bei 11,9% ggü. Vj. Neue Konsum-Steigerungen sind daher unrealistisch.
Keine harte Abbruchkante, sondern kontinuierlich abwärts
Bei den Unternehmen gibt es bereits einen gleitenden Abwärtstrend. Das erfahren FUCHSBRIEFE u.a. im Gespräch mit dem Verband der Chemischen Industrie. Der VCI erklärt, dass es kein Preislevel geben wird, ab dem auf einmal alle Unternehmen schlagartig die Produktion einstellen. Stattdessen wird die Produktion peu à peu heruntergefahren. Anzeichen dafür sieht der Verband bereits jetzt. Noch deutlicher sind die Rückgänge in der Baubranche (FB vom 19.05.2022).
Ähnliches signalisiert eine Erhebung des DIHK. Laut einer Umfrage wollen 16% der Industrieunternehmen wegen der hohen Gaspreise ihre Produktion einstellen oder einschränken. Das wird direkt auf den eng mit der Industrie verwobenen Dienstleistungssektor durchschlagen.
Auftragseingang geht zurück
Auch beim ifo-Geschäftsklimaindex klaffen die Werte für die aktuelle Lage und für die Erwartungen weit auseinander. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar liegen sie mit über zehn Punkten so weit auseinander wie schon lange nicht mehr. Die Lage wird recht gut bewertet, die Aussicht ziemlich negativ. Die weiterhin hohen Auftragsbestände halten das Geschäft noch aufrecht. Allerdings kommen immer weniger Aufträge hinterher und teilweise sind die hohen Auftragsbestände auch den Problemen in den Lieferketten geschuldet.
Am Arbeitsmarkt beobachtet das Institut für Arbeitsmarktforschung bereits einen moderaten Rückgang der hohen Job-Nachfrage. Das Arbeitsmarkt-Barometer notiert bei 102,1 Punkten auf hohem Niveau, ist im Juli aber um 0,9 Punkte zurückgegangen. Damit nimmt die Beschäftigung zwar zu. Allerdings wirken die Engpässe am Arbeitsmarkt immer stärker bremsend. Zudem deuten die Frühindikatoren steigende Arbeitslosenzahlen an.