Hohe Zinsen in der Rezession
Deutschland ist in die technische Rezession gerutscht und die Unternehmen antizipieren eine anhaltende Konjunkturschwäche. Darum streichen sie Investitionen zusammen, fahren ihre Kreditnachfrage zurück. Mit bald sinkenden Zinsen können sie trotz der wirtschaftlichen Abkühlung aber dennoch nicht rechnen. Denn die EZB ist noch auf dem Aufwärtspfad unterwegs. FUCHSBRIEFE analysieren, was das für Unternehmen bedeutet.
Für Unternehmen dürfte das Finanzierungsumfeld noch deutlich herausfordernder werden als es jetzt schon ist. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihre Zinsen aller Voraussicht nach weiter anheben. Das wird für deutsche Mittelständler zu einem Problem.
Weil die Inflation in der Eurozone hoch bleibt (akt. 6,1%) wird die EZB ihren Leitzins weiter anheben. Wir rechnen mit mindestens einem Zinsschritt um 50 Basispunkte auf 4,25%. Die Anhebung des Leitzinses wird zu einem weiteren Zinsanstieg am Markt und somit auch zu höheren Kreditkosten für KMU führen. Denn die deutsche Wirtschaft ist allerdings bereits in eine technische Rezession gerutscht. Alle wichtigen Konjunkturindikatoren deuten nach unten.
Kreditnachfrage lässt nach
Für Unternehmen läuft das darauf hinaus, dass die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe schwieriger werden. Den steigenden Zins müssen Unternehmen, die auf der Suche nach Krediten sind, in einem absehbar schwierigeren Marktumfeld finanzieren. Da die Banken bei Kreditprüfungen aber wegen der rezessiven Tendenz noch genauer hinschauen und auch immer stärker auf den Einfluss der Energiekosten als Risiko bei den Unternehmen achten (FB vom 01.06.), wird es für Unternehmen schwieriger und teurer, Kredite aufzunehmen.
Parallel dazu strahlt die Rezession auch bereits auf die Kreditnachfrage aus. Das Tempo des Zuwachses bei der Nachfrage nach Darlehen ist kräftig eingebrochen. Das geht einerseits darauf zurück, dass weniger Kredite zur akuten Liquiditätsbeschaffung nötig waren. Denn die Energiepreise steigen nicht weiter, die Lieferketten entspannen sich. Vor allem aber "bremsen die stark gestiegenen Kreditkosten und die lahmende Konjunktur" die Kapitalnachfrage der Unternehmen, so die KfW.
Crowdfinanzierung nur noch für solide KMU möglich
Die Finanzierungsschwierigkeiten zeigen sich deutlich im Segment der Crowdfinanzierung. Seit die Zinsen steigen, hat sich das gute Klima für solche Finanzierungen erheblich abgekühlt. Im Wettbewerb um Kapital ist das Crowdfunding relativ zurückgefallen. In Nullzins-Zeiten war es attraktiv und notwendig, als Kapitalgeber weiter ins Risiko zu gehen und noch etwas Zins zu bekommen. Inzwischen gibt es für Kapitalgeber auch bei weniger hohen Risiken vergleichsweise gute Zinsen.
Startups schaffen es derzeit kaum noch, Kapital per Crowdfinanzierung einzusammeln. Das Finanzierungsvolumen ist im gesamten Marktsegment erstmals überhaupt gefallen. In der Schweiz, für die uns Zahlen vorliegen, ging das Finanzierungsvolumen 2022 um 16% auf 622 Mio. Franken zurück. Mittelständler, die ein solides Geschäftsmodell haben, schaffen es aber noch, Crowdfinanzierungen zu bekommen.
Fazit: Die gestiegenen Zinsen und die lahmende Konjunktur bremsen die Kreditnachfrage aus. Zugleich ziehen die Geldhäuser ihre Kreditvergabestandards mit Blick auf Rezessions-Risiken wieder an. Unternehmen können vorläufig keine Entspannung bei der Kreditvergabe erwarten.