Das Ende der Schuldenillusion
Die Bundesregierung ist haushaltstechnisch in einer Traumwelt unterwegs. Vor allem der grüne Bundessubventionsminister Robert Habeck glaubt offenbar an das Märchen vom Goldesel in der Berliner Wilhelmstraße. Mit immer neuen „Entlastungen“ für seine wenig durchdachten energiepolitischen Maßnahmen will er die Bürger besänftigen. Das ist per se Unfug. Denn am Ende zahlen die Bürger als Steuerzahler oder Sparer die Kosten doch wieder selbst.
Sicher ist: Die schnell wachsenden Zinsausgaben auf die Schuldenstände wirken wie Haushaltskürzungen. Lag der Anteil für Zinsausgaben am Bundeshaushalt 2021 noch bei 0,7%, steigt er in diesem Jahr raketenartig auf 8,4% an. Das sind rund 40 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Für das Bürgergeld sind 23,7 Mrd. Euro eingeplant, der Verteidigungsposten im Haushalt beträgt 52 Mrd. und das Bildungswesen bekommt vom Bund 33 Mrd. Euro Zuschuss.
Mangelnde Sensibilität für Zinseffekte
Das Phänomen der fehlenden Sensibilität für Schuldenlasten und Zinseffekte ist nicht auf Deutschland beschränkt.
- Bis 2030 könnte die Neuverschuldung in den USA nach Schätzungen von Ökonomen – trotz laufenden Wachstums – sieben Prozent des BIP pro Jahr erreichen.
- Japan, das in der Entwicklung schon am weitesten vorangeschritten ist, hat einen Bruttoschuldenstand von 260% des Bruttoinlandsprodukts. Die Japaner müssten theoretisch mehr als zweieinhalb Jahre dafür wirtschaften, ihre Staatsschuld zu begleichen.
- In den Schwellenländern ist die Verschuldung der privaten Haushalte in den letzten zehn Jahren sogar mit zweistelligen Wachstumsraten gestiegen, mehr als fünfmal so schnell wie in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften.
Konzeptlos unterwegs
Konzepte zur Schuldenreduktion fehlen. Die französisch dominierte EU-Kommission, ist seit 20 Jahren dabei, den Stabilitätspakt, der bei Einführung des Euro etabliert wurde, auszuhöhlen. Inzwischen wird in Brüssel nicht einmal mehr der Schein gewahrt. Für jedes Land soll ein eigener Konsolidierungspfad gelten, das heißt: Die Haushaltskonsolidierung wird auf den St. Nimmerleinstag verschoben.
Auch in Großbritannien macht die Regierung ihre eigenen Regeln lächerlich. Sie verspricht Steuererhöhungen, schiebt diese aber immer wieder auf. Die regierenden Konservativen rufen sogar schon wieder nach Steuersenkungen, obwohl London noch vor Kurzem mit einer Krise am Anleihenmarkt konfrontiert war.
China keine Ausnahme
Selbst in China werden nach Berechnungen des IWF die Staatsschulden in den kommenden 5 Jahren auf 150% des BIP steigen. Wie in Japan stehen dahinter allerdings enorme weltweite Vermögenswerte; vor allem auch US-Staatsschuldenpapiere in Höhe von 1,1 Billionen Euro, was die Sache pikant macht. Peking könnte US-Anleihen verkaufen, um den Wert des US-Dollars zu senken oder um politischen Druck auf die USA auszuüben. Ein massiver Verkauf von US-Anleihen durch China würde den globalen Finanzmarkt destabilisieren.
Politisches Handling wird immer schwieriger
Politisch ist das zunehmend schwierig zu handhaben. Denn die Alterung der Bevölkerung, steigende Sozialausgaben für Gesundheit, Pflege, Rente – in der reichen Welt werden allein die jährlichen Gesundheits- und Rentenausgaben bis zum Ende des Jahrzehnts um 3% des BIP steigen –, notwendig gewordene Militärausgaben und Infrastruktur-Sanierungsausgaben sowie die gewaltigen Kosten der Energiewende, das alles bei rückläufiger Wettbewerbsfähigkeit und perspektivisch geringeren Einnahmen, stellen die Politik vor grundsätzliche Entscheidungen mit politischen Folgen für ihre Parteien und das demokratische System, das weiter unter Druck geraten wird.