Bloß nichts Konkretes
Keine Partei liefert überzeugende Antworten auf die großen Fragen auf den Problemfeldern der Zukunft. Dazu zählen wir etwa die Rente, die Pflege, den Klimawandel, Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit oder den Fachkräftemangel. Stattdessen verlieren sich die Wahlprogramme im Klein-Klein: eine Förderung hier, eine Subvention dort, hier ein Zuschuss, dort ein Verbot. Ein Überblick:
Rente
Das deutsche Rentensystem besteht aus drei Säulen: gesetzliche RV, Zusatz RV (etwa betriebliche) und die private Zusatzvorsorge. Alle drei Säulen sind bekanntermaßen sanierungsbedürftig. Fast alle Parteien wollen die gesetzliche RV stärken – die meisten durch steuerliche Zuschüsse. Doch das ist keine Lösung sondern ein "Weiter so." Bereits heute machen diese Zuschüsse 26% des Bundeshaushalts aus. Das Bundeswirtschaftsministerium hat berechnet, dass – sollten keine Reformen einsetzen – dieser Wert bis 2040 auf 55% steigen wird.
Auch ein Staatsfonds wie ihn CDU, FDP, SPD und Grüne fordern, löst dass Rentenproblem nicht. Denn bis dieser ausschüttet, wird sich das Rentenproblem demografisch bereits wieder von selbst reguliert haben. Ein solcher Fonds hätte bereits vor 20 Jahren aufgelegt werden müssen – nun ist es zu spät.
Pflege
Im Bereich Pflege sind die "Lösungsvorschläge“ noch uninspirierter. Die SPD will den Pflegemindestlohn anheben und die Infrastruktur ausbauen. Dass sich dadurch mehr junge Menschen für den Pflegeberuf entscheiden werden, darf bezweifelt werden. Damit sind die Sozialdemokraten allerdings in ihren Forderungen bereits konkreter als etwa die Grünen und die CDU. Die Liberalen werben für ein Drei-Säulen-Modell in der Pflege: Umlagefinanzierung, private und betriebliche Vorsorge. Das gibt es aber bereits und löst ebenfalls nicht das Personalproblem.
Fachkräftemangel
Grausig sind auch die Aussichten beim Fachkräftemangel. Alle Parteien werben damit die Bildungsangebote aufzubessern. Doch sind die nicht das primäre Problem – es fehlt schlichtweg an Leuten, die die freien Stellen und Ausbildungsplätze besetzen. Forderungen nach einer qualifizierten Einwanderung und bessere Ausbildungsmöglichkeiten für Flüchtlinge finden sich in allen Parteiprogrammen. Laut Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, müssten aber jährlich 400.000 Zuwanderer zu uns kommen. Das wird nicht funktionieren. Auch angesichts des Fachkräftemangels Menschen mit Behinderung stärker einzubeziehen, findet sich in den Wahlprogrammen.
Klimawandel
In puncto Klima setzen SPD und Grüne auf einen staatlich gelenkten Klimaschutz. Mit der Gießkanne sollen Investitionen in Milliardenhöhe fließen. Auch die Regularien-Schraube soll stark angezogen werden. Das kann eine (umstrittene) Strategiesäule sein, greift aber insgesamt zu kurz. Es sind darüber hinaus zusätzlich international koordinierte Vorgehen notwendig, vor allem in Hinblick auf China und etwa Indien. Daran traut sich allerdings niemand. Auch der Schutz des Meeres als CO2-Speicher wird von den Parteien entweder gar nicht oder nur unzureichend aufgenommen.
Der marktliberale Klimaschutz-Ansatz der FDP bildet da ein programmatisches Gegengewicht. In der von Ver- und Geboten geprägten Klima-Debatte wird er aber eher belächelt. Noch weniger Zustimmung finden die vollkommen unzureichenden Pläne der CDU.Fazit: In den Wahlprogrammen steckt viel heiße Luft. Keine Partei liefert überzeugende Antworten auf die großen Probleme der Zukunft - und schon gar kein harmonisches Gesamtkonzept.