Hier können Sie zwischen der Ansicht für Geschäftskunden und Privatkunden wechseln.
Informationen und qualifizierte Einschätzungen zu Chancen und Risiken
030-288 817-20
Geschäftskunde
Privatkunde
0,00 €
3231
Die Zeit der Reden ist bald vorbei

Neue Konfliktlinien in der EU brechen auf

Ursula von der Leyen hält eine Rede. (c) picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Michel Euler
Selten war die EU so geeint wie in den vergangenen Wochen. Der Ukraine-Krieg schweißt die Länder zusammen. Doch die Harmonie wird nicht von Dauer sein. Neben alten ungelösten Problemen treten nun noch neue hinzu.

Der Ukraine-Krieg eint die EU - allerdings nur oberflächlich und vorübergehend. Die derzeit herrschende Einigkeit wird nicht lange anhalten. Der russische Angriff auf die Ukraine macht eine politische Positionierung gerade sehr leicht. Auch Handlungsfähigkeit zu demonstrieren (Sanktionen) ist problemlos möglich.

Zeitenwende und neue Probleme

Schon mittelfristig dürfte aber Schluss sein mit der Einigkeit. Denn die EU muss sich in ihrer neuen geopolitischen Rolle erst noch finden. Wichtiger noch: Sie muss ihre Rolle selbst definieren. Genau das birgt aber gehörig Konfliktpotenzial. Floris de Witte, Professor für Jura an der London School of Economics, analysiert, dass sich die EU erstmals in ihrer Geschichte „nach außen gewandt“ und in einen Akteur verwandelt hat, der seine Interessen sowohl wirtschaftlich, als auch politisch und militärisch schützt. Während die EU-Kommission auf vergangene Konflikte stets mit „Betroffenheit und tiefem Bedauern“ antwortete, reagierte sie in diesem Fall als selbstbewusster geopolitischer Akteur. Diese neue Rolle der EU wird Konflikte heraufbeschwören und alte verstärken. Es gibt drei große Streitfelder:

  • Militär: Die EU-Staaten reagieren auf die veränderte sicherheitspolitische Situation und rüsten auf. Allerdings müssen nun auch Fragen beantwortet werden: Wie weit soll es ein koordiniertes EU-Vorgehen in Sicherheitsfragen geben? Worin liegen die strategischen Interessen der EU? Sollen letale Waffensysteme in Krisenregionen geschickt werden? Und nicht zuletzt muss auch bedacht werden, dass eine aufgerüstete und kampfbereite EU selbst als Aggressor gesehen werden kann.
  • Energiewende: Energieunabhängigkeit von Russland bedeutet für die EU-Staaten auch Abhängigkeit von ihren eigenen Ressourcen. Und da es (noch) nicht ausschließlich nachhaltig geht, müssen ggf. auch die geschassten Kohle- und Atomkraftwerke wieder ans Netz. Auch die Nahrungsmittelproduktion wird zum Streitpunkt. Dadurch werden bekannte Probleme noch verstärkt: Energiesicherheit vs. Klimaschutz, Umweltschutz vs. Massentierhaltung und chemischen Düngemitteln. Schließlich gibt es noch ethische Abwägungen bei neuen Energie-Partnerschaften mit Arabien, Asien und Nordafrika.
  • Identität: Die Frage nach Verzicht wird aufkommen und auch die Dauerstreitfrage nach der staatlichen Souveränität. Wer als externer Akteur auftreten will, muss intern gefestigt sein. Dafür muss aber auch weitgehend Einigkeit darüber herrschen, was die EU verteidigt, welche Ziele und Bedürfnisse sie hat. 

Diese Fragen muss die Politik beantworten, die Zivilgesellschaft muss zeigen, ob sie damit einverstanden ist. Denn nur, wenn es ein einheitlich Verständnis von „europäisch“ als einer gemeinsamen Identität gibt, wird die EU den Rückhalt haben, um als geopolitischer Akteur auftreten zu können.

Gespräche im Hintergrund laufen auf Hochtouren

Im Hintergrund laufen bereits intensive Gespräche über engere Koordinierungen innerhalb der EU. So hören wir, dass insbesondere im Bereich der Verteidigung neue informelle Plattformen etabliert werden sollen, die die Schaffung eines institutionellen Rahmens für eine koordinierte europäischen Sicherheitspolitik diskutieren und vorbereiten. 

Wichtigste EU-Akteure sind Deutschland, Frankreich und die EU-Kommission. Auch im Rahmen des Weimarer Dreiecks (Deutschland, Frankreich, Polen) finden intensive Gespräche statt. Bei allen Bemühungen stehen aber politische Entscheidungen noch aus. 

Viel Ballast an Bord

Hinderlich sind auch viele alte Probleme. Die Staatsverschuldung in der EU wächst vor allem der Südschiene und Frankreich weiter über den Kopf (vgl. FB vom 14.03.2022). In Osteuropa (Polen, Ungarn, vgl. FD vom 18.02.2022) gibt es ungelöste Rechtsstaatlichkeits-Probleme. Bei der Migration aus Afrika und dem Nahen Osten sind die EU-Mitglieder weiter im Krach. In der Klimafrage stellt die EU Anforderungen, die viele Staaten nicht erfüllen können (vgl. FB vom 03.02.2022).

Fazit: Die aktuelle Einigkeit in der EU wird sich bald wieder in Luft auflösen. Die EU muss ihre Interessen und Ziele definieren. Schon alte Konflikte bleiben aber ungelöst. Die EU hat zwar die Chance, an dem Krieg vor ihrer Haustür zu wachsen. Das Risiko zu scheitern, ist aber groß (vgl. FB vom 07.03.2022).
Meist gelesene Artikel
  • Fuchs plus
  • Logistik und Nachhaltigkeit

Elektro-LKW bei Österreichischer Post

Die Österreichische Post hat erstmals zwei Elektro-Lkw im Einsatz. Transportiert werden internationale Sendungen. Damit lassen sich rund 117 Tonnen direkte CO2-Emissionen pro Jahr einsparen.
  • Fuchs plus
  • Tauglich für 100% Wasserstoff

Wasserstoffkraftwerk aus Finnland

Ein finnisches Unternehmen bietet das erste Kraftwerk, das komplett mit Wasserstoff, ohne Beimischung von Erdgas, betrieben werden kann.
  • Fuchs plus
  • Chilenischer Peso mit Rückenwind

Positive Realzinsen beim Chilenischen Peso

Das knapp 20 Millionen Einwohner zählende Chile ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das fünftgrößte Land Lateinamerikas und weist das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf. Der Rohstoffreichtum beschert einen Handelsbilanzüberschuss und steigende Löhne. Der Boom um Kupfer, Lithium und die wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Früchten und Getreide dürfte anhalten und auch der Währung Peso Rückenwind verleihen.
Neueste Artikel
  • Fuchs plus
  • Ernteerträge von Weizen und Mais fallen höher aus als erwartet

Erheblicher Rückgang der Getreidelagerbestände erwartet

Es wird erwartet, dass die globalen Lagerbestände der Getreide Ende der aktuellen Saison stark fallen wird — und das trotz rekordhoher Ernteerwartung. Grund dafür ist der erwartete Verbrauch, der ebenfalls eine Rekordhöhe erreichen soll.
  • Fuchs plus
  • (Noch) schwächere Wirtschaftsdaten im Juni

Chinesischer Yuan derzeit ohne festen Boden

Der Yuan bewegt sich in einer relativ engen Bandbreite zum Euro und zum Dollar. Auch schwächere Wachstumszahlen für das zweite Quartal ändern daran nichts. Würden im Vergleich zu China beispielsweise in England die Immobilienpreise um 25 bis 50% fallen und sich der Footsie halbieren, wären die Auswirkungen ungleich schwerwiegender. Der Konsument würde wohl jegliches Vertrauen verlieren. In China schwächt sich "nur" die Konjunktur ab. Die PBOC hat Raum zum Handeln. Den nutzt sie entschlossen.
  • Fuchs plus
  • Chilenischer Peso mit Rückenwind

Positive Realzinsen beim Chilenischen Peso

Das knapp 20 Millionen Einwohner zählende Chile ist, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das fünftgrößte Land Lateinamerikas und weist das höchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf. Der Rohstoffreichtum beschert einen Handelsbilanzüberschuss und steigende Löhne. Der Boom um Kupfer, Lithium und die wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Früchten und Getreide dürfte anhalten und auch der Währung Peso Rückenwind verleihen.
Zum Seitenanfang