Europas Machtzentrum wird nach Paris verschoben
Deutschland ist in relevanten politischen Fragen in Europa zunehmend isoliert. Vor allem Paris nutzt die für viele EU-Länder unbequemen Positionen Berlins (z.B. Strommarktreform, Fiskalpolitik, Landwirtschaft, Ukraine-Hilfen), um europäische Allianzen gegen die Bundesregierung zu schmieden. Die EU driftet damit immer stärker in Richtung einer französisch dominierten Union. Der Einfluss Deutschlands auf europäischer Ebene schwindet dagegen deutlich. Darüber kann auch die Blockade des Verbrenner-Verbots nicht hinwegtäuschen.
Schwierig mit Italien, enge Beziehungen zu Spanien
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beweist Talent als Euro-Strippenzieher. Er traf als erstes Staatsoberhaupt im Oktober 2022 die frisch gewählte italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Aktuell hakt es zwar zwischen beiden in Fragen zur Migration und Ukraine. Hinsichtlich der fiskalpolitischen Perspektiven (Schuldenunion) sind sich die Regierungen aber weitgehend einig.
Mit Spanien schloss Frankreich im Januar einen Freundschaftsvertrag. Er wertet die bilateralen Beziehungen symbolisch auf. Praktisch zeigen sich die Auswirkungen in der französischen Unterstützung zu Spaniens Plänen für die europäische Strommarktreform. Am nun veröffentlichten „weichen“ Reformvorschlag werden beide Länder wenig Gefallen finden und Nachbesserungen fordern.
Dreieck Paris-London-Warschau gibt Ton in Europas Ukraine-Politik an
Auch mit Großbritannien hat Frankreich ein neues Kapitel aufgeschlagen. Erstmals seit fünf Jahren hat sich am 10.03. ein französischer Präsident mit seinem Amtskollegen aus dem Brexit-Land getroffen. Macron und Rishi Sunak bekräftigten ihren Willen zu einer stärkeren Zusammenarbeit in Fragen der Wirtschaft und Migration. Ihre militärischen Hilfen für die Ukraine wollen die beiden Staaten weiter forcieren.
Zusammen mit Polen sind Frankreich und Großbritannien die wichtigsten europäischen Ukraine-Unterstützer. Polens Präsident Andrzej Duda besuchte Sunak vor drei Wochen. Das Dreieck Paris-London-Warschau dürfte Berlin in Ukraine-Fragen ausbooten.
Nur wenige verlässliche Verbündete für Berlin
Deutschland kann in relevanten Fragen nur auf wenige kleinere Verbündete zählen. In fiskalpolitischen Fragen sind das vor allem Österreich, die Niederlande und die skandinavischen Länder. Gegen den frankophilen Block sind das aber Leichtgewichte. Das Ungleichgewicht dürfte absehbar noch größer werden, wenn Ursula von der Leyen (CDU) nach den Europawahlen 2024 nicht mehr Kommissionspräsidentin bleibt.