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Moskau ist für viele Regime ein stabilisierender Faktor

Viele neue Konflikte bei Russland-Ausfall

Soldaten in Mogadischu, Somalia. © dpa
Weltweit sind zahlreiche Regime abhängig von den Hilfen und der Unterstützung Moskaus. Fällt diese weg, drohen überall auf der Welt regionale Konflikte wieder aufzubrechen oder sogar neu zu entstehen. Das Eskalations-Potenzial ist dabei unterschiedlich verteilt.

Durch den Ukraine-Krieg drohen auch in zahlreichen anderen Weltregionen Konflikte auszubrechen. Denn eine ganze Reihe von Ländern ist abhängig von russischen Militärhilfen, dem Russland-Handel oder Krediten aus Moskau. Geraten diese Unterstützungen etwa wegen der Sanktionen oder der Zahlungsunfähigkeit ins Stocken oder fallen gänzlich aus, verlieren die jeweiligen Regime ihren stabilisierenden Faktor. Eine Übersicht:

Iran ist Profiteur von „weniger Russland“ im Nahen Osten

Syriens Machthaber Baschar al-Assad ist der letzte verbleibende Verbündete Russland im Nahen Osten. Sein Regime ist insbesondere militärisch abhängig von Moskau. Fällt dieser Schutz weg, droht eine neue Eskalation des Bürgerkrieges. Auch ein Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien kann nicht ausgeschlossen werden. Als neuer Verbündeter des Assad-Regimes könnte der Iran einspringen.

Israels Ministerpräsident Naftali Bennet stand zuletzt wegen seiner Vermittlungsbemühungen im Ukraine-Krieg in den Schlagzeilen. Diese sind allerdings nicht ganz uneigennützig: Russland toleriert die Raketenangriffe Israels auf Lager und Stellungen der Hisbollah und iranischer Milizen in Syrien. Fällt die stabilisierende Macht Russland in der Region aus, gewinnt auch der Nahost-Konflikt wieder an Fahrt – diesmal aber mit weitaus weniger Schützenhilfe aus den USA.

Konflikt in Kasachstan schwelt weiter

In Kasachstan wurde erst Anfang des Jahres mit russischer Hilfe ein Aufstand niedergerungen (vgl. FB vom 13.01.2022). Der Konflikt schwelt weiter und droht nun durch die steigende Armut im Zuge der sich stark abwertenden Landeswährung neu angefacht zu werden. Russland wird seinen wichtigsten Verbündeten in Zentralasien unterstützen – das „Timing“ wäre für den Kreml derzeit aber mehr als unpassend. Verhältnismäßig weniger relevant für Russland, aber ebenso arm und wirtschaftlich von Moskau abhängig wie Kasachstan, sind Kirgisistan und Tadschikistan. Auch hier drohen Konflikte aufzubrechen.

Lateinamerika muss für Russland gehalten werden

Kuba ist seit Sowjetzeiten ein sozialistisches Regime von Moskaus Gnaden. Die Karibik-Nation steht tief bei Moskau in der Kreide. Unmittelbar vor Beginn des Ukraine-Krieges reiste der Präsident der Staatsduma Wjatscheslaw Wolodin nach Havanna. Vereinbart wurde ein Aufschub der Schuldentilgung bis auf 2027. Bereits 2014 hatte Moskau Kuba 90% seiner damaligen Schulden erlassen. Dass Russland Kuba „fallen lässt“, scheint unrealistisch.

Wirtschaftlich abhängig von Russland sind zudem Venezuela und das kleine Nicaragua. Beide autoritär-sozialistischen Regime plagen sich derzeit mit starken Sanktionen des Westens. Russland nutzt die Option, in diesen Staaten Militärgerät zu stationieren, gern als Drohkulisse. Unbestätigte Berichte vermelden zudem, dass die russische Söldner-Truppe Wagner in Venezuela aktiv sei. Einen stabilisierenden Faktor übt Russland auch hier aus, wenn auch nicht so sehr wie in Syrien oder Kuba.

In Afrika war Russland zuletzt ein gern gesehener Partner

Zahlreiche Staaten in Afrika haben in den letzten Jahren ihre Beziehungen zu Russland vertieft. Als Alternative zwischen den immer unbeliebteren Chinesen (vgl. FB vom 11.11.2021) und den ehemaligen westlichen Kolonialmächten, war der Kreml vielen willkommen. Viele Beziehungen reichen noch in Sowjetzeiten zurück. 2019 lud Putin zu einem Russland-Afrika-Gipfel ein – 43 afrikanische Staaten folgten der Offerte. 30% der zwischen 2016 und 2020 in die Subsahara-Staaten gelieferten Waffen sind russischen Ursprungs.

Von daher ist es wenig verwunderlich, dass sich 25 Staaten bei der UN-Abstimmung zur Verurteilung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine enthielten. Eritrea stimmte als eines der wenigen Länder sogar dagegen. Ein weiteres Beispiel: Die Regierung in der bürgerkriegsgebeutelten Zentralafrikanischen Republik lässt ihre Soldaten von russischen Experten trainieren. Die Leibgarde des Präsidenten setzt sich aus russischen Söldnern zusammen und der Sicherheitsberater der Regierung ist ein ehemaliger FSB-Agent. In Mali ist die berüchtigte russische Söldnertruppe Wagner aktiv. Hinzu kommenden die zu erwartenden Lebensmittelknappheiten bis hin zu Hungersnöten (vgl. FB vom 21.03.2022). Die Gefahr größerer regionaler Eskalationen bei einem Ausfall der Russland-Hilfen ist hier hoch.

Verschwindet Belarus von der Landkarte?

Der Vollständigkeit halber gehört auch Belarus noch in diese Auflistung. Das osteuropäische Land ist mittlerweile defacto ein westliche Provinz Russlands. Die Sanktionen treffen Minsk gleichermaßen. Experten sehen immer mehr Anzeichen dafür, dass das Regime den Anschluss an Russland vorantreibt.

Fazit: Russland wird künftig nicht mehr auf „allen Hochzeiten tanzen“ können, auf denen es derzeit noch vertreten ist. Nur noch wichtige Verbündete werden vom Kreml weiter Unterstützung erhalten. Das wird direkte Auswirkungen auf Sicherheitspolitik, Handelsbeziehungen, Terrorismus und Migrationsbewegungen haben.

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